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Wahlprüfsteine genauer betrachtet - Teil 1

Wie stehen Sie zu dem Widerspruch, dass in Naturschutzgebietsverordnungen oft die Ausübung der Berufsfischerei erlaubt ist, die Angelfischerei, die eine wesentlich selektivere Entnahme von Fischen darstellt, jedoch verboten ist?

Angler werden zu Unrecht aus vielen Naturschutzgebieten ausgegrenzt. Was sagen die Parteien dazu? (Foto: O. Lindner/DAFV)

Die Parteien gaben uns zu unserer fünften Frage in den Wahlprüfsteinen sehr unterschiedliche Antworten. Für uns Angler interessante Naturschutzgebiete (NSG) sind oft nicht nur vom Land, sondern auch vom Wasser zu beangeln, so dass man nur an das Gebiet heran gehen/fahren, es aber zum Fischfang gar nicht betreten muss (z.B. NSG Pfaueninsel). Natürlich ist auch uns klar, dass der Schutzzweck eines NSG Einschränkungen der Angeltätigkeit erforderlich machen kann. Das wollen wir gar nicht in Abrede stellen. In den meisten NSG ist jedoch die Entnahme von Tieren nicht gestattet. Wenn dies für den Erhalt des Gebietes oder den Schutzzweck notwendig ist, dann darf man in diesen Gebieten nicht angeln, ok. Nur warum wird dann die Berufsfischerei über die jeweilige Schutzgebietsverordnung von dem Verbot befreit und darf dort Tiere entnehmen? Angler müssen ein Schutzgebiet nicht befahren, um darin zu angeln, der Berufsfischer schon. Insofern stellt auch dies aus unserer Sicht die größere Beeinträchtigung des Schutzgegenstands dar.

Unsere Bewertung der Antworten

Die Antworten der Parteien auf die Frage zum Angeln in Naturschutzgebeiten finden Sie hier als PDF-Dokument zusammengefasst. Im Folgenden haben wir diese Antworten einmal ausgewertet.

Immerhin zwei Parteien, die Linke und die CDU wollen mit uns ins Gespräch gehen, da sie die von uns kritisierte Pauschalisierung erkannt haben und konkretere Fakten wissen möchten. Grundsätzlich signalisiert die CDU, dass sie nicht für ungerechtfertigte Einschränkungen in der Angelfischerei zu haben ist. Bei der Partei "Die Linken" steht der Schutzzweck des jeweiligen Gebietes im Vordergrund und rechtfertigt so teilweise eine Ausgrenzung der Angelfischerei. Auf die Berufsfischerei geht man in der Antwort jedoch nicht ein. Somit ist die Kernfrage, warum man NUR Angler ausschließt, und wie die Partei dazu steht, nicht vollständig beantwortet. Das Gesprächsangebot signalisiert aber, dass man jedoch durchaus an Fakten interessiert ist und nicht in erster Linie ideologische Positionen vertritt.

Die SPD antwortet durchaus differenziert und anglerfreundlich. Allerdings beantwortet auch sie nicht vollständig die Frage. Auf die Berufsfischerei wird nicht eingegangen. Aber gut, ein pauschales Verbot der Angelfischerei wird deutlich abgelehnt. Wenn Einschränkungen notwendig sind, um das Schutzziel zu erreichen, dann können diese gerechtfertigt sein. Die SPD setzt stark auf Kooperation zwischen Behörden und Angelvereinen und sieht letztere als Naturschutzvereine. Dies ist durchaus positiv zu bewerten.

Die Antwort der Grünen enthält zunächst Allgemeinsätze, die überhaupt nichts mit der Frage zu tun haben. Zum Angeln als Sport, Tierschutz und catch and release haben wir nicht gefragt, sehen das aber ähnlich. „Dass möglicherweise einzelne Angler selektiver Fische entnehmen können…“ zeigt, dass der Beantworter der Frage leider keine Ahnung vom Angeln hat. Der Angler hat jeden Fisch einzeln in der Hand und kann entscheiden, ob er ihn mitnehmen möchte oder ihn schonend zurücksetzen will, weil er nicht verwertbar oder geschützt ist. Ein Fisch aus der Reuse oder gar einem Kiemennetz kann kaum lebend zurückgesetzt werden. Dass Angler mehr Fremdeinflüsse für ein NSG haben, ist ebenso nicht richtig, da sie das NSG im Idealfall gar nicht betreten/befahren. Für den Berufsfischer ist das Eindringen in das Schutzgebiet jedoch unumgänglich, da er sonst nicht an sein Netz bzw. seine Reuse kommt.

Die PARTEI hat wie erwartet sehr humorvoll geantwortet. Arme Berufsfischerei. So schlimm wird es vielleicht nicht kommen und sollte es auch aus unserer Sicht nicht kommen. Und liebe Partei, der Angler im Tarnfleck ist auch etwas veraltet.

Die AfD macht es sich etwas einfach und pauschalisiert stark. Eine Gleichbehandlung von Berufsfischerei und Angelfischerei im Allgemeinen ist wohl kaum sinnvoll und technisch nicht durchführbar.

Update 16.09.2021: Die FDP antwortet auf den ersten Blick sehr anglerfreundlich. Leider nicht auf die Frage. Wir hatten nach der unterschiedlichen Behandlung von Berufs- und Angelfischerei in Naturschutzgebieten gefragt, nicht nach allgemeinen Beschränkungen. Schön, wenn sich die FDP gegen ein pauschales Verbot der Angelfischerei in Natura 2000 Gebieten einsetzt, dieses ist aber derzeit in Berlin nicht vorhanden.

Fazit

Es scheint nicht so zu sein, dass eine der Parteien das Problem vollständig mit all seinen Auswirkungen und Widersprüchen durchdrungen hat. Die meisten Punkte, die von den Parteien angeführt werden, sehen wir ähnlich. Wir sind nicht generell gegen Einschränkungen der Angelfischerei, wenn sie notwendig sind, um ein Schutzziel zu erreichen. Jedoch ist es für die Akzeptanz von Verboten durch die Bevölkerung notwendig, dass sie verständlich und nachvollziehbar sind, was hier leider nicht der Fall ist.